25.01.2015
Ich und mein Bruder haben die Wohnung meiner Eltern
geerbt. Heute wollen wir zusammen hingehen und uns dort umschauen. Wir beide
sind in dem Haus aufgewachsen, waren aber seit unserem Auszug nicht mehr da.
Das Wohnhaus befindet sich ziemlich weit weg vom
Stadtzentrum, fast schon in dem angrenzenden Wald des letzten Wohngebietes im
Süden der Stadt. Wir wussten, das Haus wurde bereits mehrmals renoviert, ahnen
aber nicht, wie es jetzt aussieht.
Als wir an Ort und Stelle sind, sehen wir eine
riesige hölzerne Pyramide, deren Spitze doppelt so hoch als die alten
Nadelbäume am Waldrand ist. Wir betreten den Eingang und befinden uns in einem
großen hellen Raum, dessen Decken bestimmt über 2 Meter hoch sind. Dort treffen
wir ein paar alte Nachbarn, die uns aber kaum beachten. Sie sind mit den
Bauarbeitern ziemlich beschäftigt und diskutieren über irgendwelche
Baumaßnahmen.
Erst später erfahren wir, dass das Haus wieder mal
renoviert werden soll. Die Wohnungen in den oberen Stockwerken sollen erweitert
werden. Dafür soll der Aufzug auf die Außenseite der Pyramide verlegt werden.
Der Aufzugsschacht soll noch heute komplett abgebaut werden und morgen
fachgerecht an der Südwand angebracht und installiert werden. Gleichzeitig soll
auch das Gebäude mit einem Riesigen Kran umgesetzt werden. Dafür ist ein neues
Grundstück ein paar Meter weiter in einem Naturschutzgebiet vorgesehen. Die
Idee dahinter ist, das Haus als eines der ersten Naturhäuser den Besuchern und als
Beispiel für das Leben im Einklang mit der Natur der nächsten Generation
vorzeigen zu können.
Im Laufe des Tages bleiben wir mit meinem Bruder an
der Baustelle und beobachten wie der Aufzug auseinander gebaut wird. Dazu
werden auch die ganzen Trennwände und die Stützsäulen im Inneren des Gebäudes
abgesägt und entfernt. Irgendwie kriege ich etwas Angst wegen der Statik, aber
auch mit der letzten rausgenommenen Säule steht das Haus fest und ohne
Probleme. Erst dann denke ich an die Pyramiden in Ägypten. Die ganze
Architektur einer Pyramide ist stabil genug, um keine weiteren Stützelemente zu
benötigen.
Dann wird der große Kran angefahren und das Haus mit
dicken Gurten an den Hacken des Greifarms befestigt. Wir schauen dem Spektakel
samt unserer Nachbarn zu. Es ist eine Vorstellung eines Balanzaktes, die man nicht
jeden Tag erlebt. Nach ein paar Stunden ist das Haus neu versetzt und die
Bauarbeiter fangen an innen drin die Wände neu aufzuziehen und die einzelnen
Wohnungen zu erweitern.
Am nächsten Tag sind wir wieder da und schauen zu,
wie der Aufzug an der Außenseite angebracht wird. Erst einmal die Außenbalken,
dann die Rampen zu den Stockwerken und ganz zum Schluss die Führungsschienen.
Danach machen sich die Elektriker an die Arbeit und am Abend steht ein neuer
Aufzug bereit. Nicht nur das er umweltbewusst gebaut wurde sondern auch
behindertengerecht. Bei diesem Haus wurde wirklich an jede Kleinigkeit und
jedes Detail gedacht.
Eigentlich wollten wir mit meinem Bruder das Erbe,
die Wohnung, verkaufen und uns das Geld teilen. Im Moment überlegen wir in die
Wohnung selbst einzuziehen. Mal schauen, ob wir uns einig werden, auf jeden
Fall ist dieses Haus ein unbezahlbares Erlebnis.