04.05.2014
Es ist Sonntag, ich wohne in einem kleinen Dorf und
alle Bewohner müssen heute zur Kirche. Nicht nur, dass die Sonntagsmesse heute
stattfindet, sondern auch das traditionelle Ritual des „Monatssterbens“. Es ist
eine sehr ungewöhnliche Tradition, wird aber auf dem Dorf seit Jahrhunderten
praktiziert.
Ich und ein paar meiner Bekannten singen in dem
Kirchenchor und für uns ist ein wirklich anstrengender Tag angesagt. Schon früh
morgens kommen wir in die Kirche und bereiten unseren Auftritt vor. Die Messe
verläuft ohne weitere Vorkommnisse und nach einer kurzen Mittagspause geht es
gleich mit den Sterbensritualen weiter.
Es geht hier darum, dass alle alten Leute, die
fühlen, dass sie kurz vorm Sterben sind, an diesem Nachmittag in die Kirche
kommen. Sie werden von dem Pfarrer und dem Dorfbestatter in einen Sarg gelegt
und warten auf ihren Tod. In der Regel geschieht alles innerhalb unseres
Auftrittes, während wir die Begräbnislieder singen. Die Leute schlafen einfach
ein und wachen nicht mehr auf. Anschließend werden sie gleich auf dem Friedhof
hinter der Kirche begraben.
Heute sind mehrere Begräbnisse geplant. Ein paar
alte Damen und ein sehr reicher Herr. Es sind auch viele Zuschauer und
Verwandte gekommen, die Kirche ist wirklich voll. Wir haben kaum noch Platz für
unseren Chor und müssen uns mit sehr wenig zufrieden geben. Nach und nach legen
sich die Sterbenden in die Särge und der Bestatter, macht es denen so bequem,
wie es nur geht.
Ich weiß nicht wirklich wie es funktioniert, es ist
aber schon sehr verwunderlich, dass die Leute hier im Dorf auf Kommando, an
einem bestimmten Tag, sterben!
Nach dem anstrengenden Tag, fahre ich zu Anna,
meiner Freundin, und ihrer Familie. Ich habe ein kleines Zimmer bei ihr unterm
Dach, wo ich zu Untermiete wohne. Als ich mein Zimmer betrete, sehe ich die
Kinder, wie sie alle meine Sachen aus dem Schrank rausgenommen haben und mit
denen spielen.
Es ist jedes Mal das gleiche, irgendwie geht es
langsam zu weit. Ich habe Anna schon mehrmals gesagt, die Kinder sollen meine
Sachen in Ruhe lassen und mein Zimmer auf keinen Fall in meiner Abwesenheit nicht
betreten. Ich habe sie wirklich gern, aber dies ist zu viel des Guten. Anna
nimmt die Kinder wieder mit nach unten und ich fange an aufzuräumen.
Am Abend sitzen wir alle gemütlich auf der Sofa vorm
Fernsehen, als wir plötzlich komische Geräusche vom Dachboden hören. Wir alle
sind neugierig, was das sein könnte und Annas Mann traut sich hochzugehen und
nachzuschauen. Ich bin sehr gespannt, denn ein paar von meinen alten Schuhen
und Klamotten sind dort untergebracht.
Nach einer Weile hört das Geräusch auf und die
Wohnung beherrscht eine totale Stille, die mir langsam Angst macht. Dann
plötzlich kracht es ganz laut und wir alle hören Annas Mann aufschreien.
Schnell eilen wir in mein Zimmer, der sich direkt unterm Dachboden befindet und
sehen Thomas mitten auf dem Boden liegen und vom Schmerz stöhnen. Als wir nach
oben blicken, entdecken wir ein riesen Loch in der Decke, in dem sich ein paar
von meinen alten Stiefeln verhakt haben.
Erst einmal stehen wir erschrocken da, später, als
wir feststellen, dass Thomas nichts Ernstes passiert ist, fangen wir an zu
lachen. Irgendwie ist es schon eine komische Situation…
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