16.05.2015
Es herrscht ein Weltkrieg. Überall hört man Schüsse
und Bomben fallen. Die Stadt, die früher so schön war, sieht jetzt wie eine
Ruine aus, alles zerstört und devastiert. Die Wohnhäuser bieten teilweise
keinen Schutz mehr für die Einwohner, die meisten sind ohne Dächer, einige
Außenwände stehen nicht mehr und die Statik ist komplett hin.
In einer Seitenstraße meines Wohnviertels versuche
ich mich vor den neuen Angriffen des Feindes zusammen mit ein paar anderen zu
verstecken. Wir suchen Schutz in dem Weinkeller eines Nachbars. Als wir aber
ankommen und die Bodentür anheben, sehen wir, dass der Keller schon voll
besetzt ist. Wir sind zu Fünft und nicht
mal Einer würde mehr reinpassen.
Wenn wir die Tür wieder verschließen, machen wir uns
auf den Weg ein neues Versteck zu finden. In dem halb noch stehenden Raum
lehnen wir uns an die übrig gebliebene Außenwand und besprechen die Lage. Einer
von uns schlägt vor in das Haus zwei Straßen weiter zu gehen. Dort soll noch
ein anderer Keller sein, der von außen zugänglich ist. Ich entscheide, dass nur
ich und er gehen, die anderen sollen sich nicht unnötig dem Dauerbeschuss der Angreifer
Truppen aussetzen. Sie sollen hier bleiben und auf unsere Sachen aufpassen.
Ich habe nicht viel dabei, nur eine Tüte mit ein
paar frischen T-Shirts zum umziehen und meine Brieftasche mit meinen Dokumenten
und ein wenig Geld. Ich lege alles auf den Boden und schaue den jungen Mann
neben dran an. Mein Blick sagt alles: „Pass auf meine Sachen gut auf!“. Und
dann verlassen wir das Versteck.
Nach nicht mal einer halben Stunde sind wir wieder
zurück. Leider kann man auch in dem anderen Keller keinen Unterschlüpf finden.
Wir müssen also alle weiter laufen und hoffen, dass wir nicht erwischt werden
und dass wir vielleicht noch ein geeignetes Versteck finden.
Ich greife nach meiner Tüte und will gerade los
laufen, wenn ich feststellen muss, dass meine Brieftasche fehlt. Ich drehe mich
zu dem Jungen, dem ich meine Sachen in Obhut gegeben habe und frage was
passiert ist. Er schaut mich an und sagt, dass hier ein paar Soldaten
rumgelaufen sind und nach dem Feind Ausschau gehalten haben. Sie mussten sich
schnell verstecken und das einzige, was denen eingefallen ist, war, sich in den
matschigen Boden einzugraben. Dabei hat der Junge auch meine Tüte mit
eingegraben.
Als alles vorbei war, sind sie aus dem Versteck raus
und wenn er die Tüte ausgebuddelt hat, hat die Brieftasche gefehlt. Er hat
weiter nach ihr gegraben und gesucht, konnte sie aber nicht finden. Ich bin
verzweifelt. Ich hatte da mein ganzes erspartes Geld, einen Zwanziger und einen
Fünfhundertschein, der schön zusammengelegt war, so dass es keiner erkennt. Mit
diesem Geld wollte ich ein neues Leben anfangen, wo auch immer mich mein Weg
hinbringt. Jetzt kann ich mir gar nichts mehr leisten.
Nachdem ich da ganz hilflos in der Ecke sitze und
den matschigen Boden anstarre, kommt ein anderer von unserer Truppe und
versucht mich zu trösten. Er hilft mir nach dem Geld zu buddeln und wenn wir es
nicht finden sollten, kann er mir was ausleihen, dass mir für den Anfang
bestimmt reichen wird. Ich schaue ihn an, egal wie die Situation ist, diese
Worte machen mir doch noch Hoffnung. Es war nicht der Inhalt, sondern die Art
und Weise und die Wärme in der Stimme, die mich überzeugt hat.
Wir drehen jeden Zentimeter der Erde um und es
dauert wirklich den ganzen Tag bis in die Nacht. Leider können wir meine
Brieftasche nicht finden. Ganz erschöpft setzen wir uns letztendlich hin und
der junge Mann, wie versprochen, steckt mir einen Fünfhunderter in die Hand.
Das ist das Zeichen der Resignation. Ich schließe das Geld in meiner Faust fest
ein und bedanke mich. Der junge Mann steht dann auf und verschwindet in dem
Nebenhaus.
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