05.05.2015
Ich bin unterwegs zur Arbeit. Es ist der letzte Tag
vorm Wochenende und ich hoffe, dass ich früher Feierabend machen kann. Morgen
ist nämlich ein großer Fest in der Stadt, vergleichbar mit einem Fasching, aber
mehr bunt, mit vielen südamerikanischen Kostümen, Masken und vor allem Gesang.
Ein riesiger Umzug ist geplant, da will ich unbedingt mitmachen.
Mein Mann und ich wollen einen Kurzfilm über die
Festivitäten drehen, in dem es hauptsächlich um die Leute, die Kostüme und die
bunte Welt der Masken geht. Ich bin schon sehr gespannt, wie es sein wird, will
es auf jeden Fall nicht verpassen.
Im Büro wartet eine Überraschung auf mich. Einer
unserer Mitarbeiter ist mit seinem Bagger auf einer der Baustellen stecken
geblieben. Roberto, mein Boss und guter Freund, ist sehr sauer, denn der Bagger
war nagelneu und jetzt ist er nicht mehr zu gebrauchen. Ich muss natürlich
alles für die Versicherung aufnehmen und die Papiere zusammenstellen, alle fehlenden
Unterlagen besorgen und hinschicken. Neben dran kann auch die tägliche Arbeit
nicht vernachlässigt werden, also ein Tag, der sich hinziehen kann.
Und es kommt, wie befürchtet. Ich werde mit allem
erst mitten in der Nacht fertig. Roberto schickt mich langsam nach Hause, er
selbst bleibt noch, um die Ware für morgen vorzubereiten. Ich setze mich also
in meinen Wagen und fahre heim. Nach nur ein paar Stunden Schlaf, weckt mich
mein Mann, wir müssen noch schnell einkaufen und tanken gehen, bevor wir zu dem
großen Umzug fahren.
Als wir an dem Einkaufszentrum ankommen, schicke ich
Steve alleine hin, ich bleibe im Wagen und versuche mich noch ein wenig
auszuruhen. Die Nacht war doch viel zu kurz. Irgendwie kann ich aber nicht
wirklich entspannen. Durch die Frontscheibe schaue ich direkt auf die Tankstelle
zu und muss die Leute dort beobachten. Irgendwie kann ich meinen Blick nicht wegreißen.
Die Kunden kommen und gehen, was aber sehr interessant ist, jeder von denen
kauft mindestens einen Hot Dog. Manche sogar zwei und mehr.
Erst jetzt denke ich dran, dass ich seit gestern
Mittag nichts gegessen habe und mein Magen meldet sich auch sofort zu Wort. Ich
überlege, wenn mein Mann vom Einkaufen kommt, dass ich kurz zu der Tankstelle
gehe und mir auch so ein Hot Dog hole. Irgendwie haben mir die Leute Lust drauf
gemacht.
Wie ich da im Auto sitze und warte, wird es mir
immer langweiliger und langsam tut auch mein ganzer Mensch weh. Ich steige aus
dem Wagen aus und mache ein paar Runden rund um den Parkplatz, um meine Beine ein
wenig zu strecken. Da sehe ich in einer Seitenstraße
einige Leute rumstehen und werde neugierig. Als ich näher komme, erkenne ich meinen
ehemaligen Professor von der Uni, der Kunstgeschichte unterrichtet hat. Vor ihm
auf dem Boden liegt eine riesige Leinwand und rund um stehen ein paar Zuschauer.
Besonders ein älteres Ehepaar ist sehr daran interessiert, etwas von dem
Professor zu lernen. Er erklärt denen die verschiedenen Maltechniken und führt
auch alle vor. Die Leute sind begeistert. Der ältere Herr möchte auch sofort
alles ausprobieren. Ich stelle mich dazu und helfe dem Herrn. Erst da bemerkt
mich der Professor. In der Uni waren wir nicht gerade die besten Freunde, ich
könnte sogar behaupten, dass er mich gehasst hat. Immer wenn er die Gelegenheit
dazu bekommen hatte, machte er mich runter und am liebsten würde er mich von
der Uni schmeißen. Wieso, weiß ich nicht, ich konnte dem Druck aber gut
standhalten. Jetzt macht er auch das Gleiche. Ich führe dem alten Herrn etwas
vor, der versucht es nachzumachen und in dem Moment mischt sich der Professor
ein, malt sofort etwas über meine Zeichnung und lenkt die Aufmerksamkeit auf
sich.
Irgendwann mal ist es mir zu doof und ich gebe
einfach nach. Ich verlasse die „möchte gern“ Künstler und kehre zurück zum
Parkplatz vor dem Einkaufszentrum. Inzwischen muss Steve da gewesen und
weggefahren sein, denn ich kann unseren Wagen nicht mehr finden. Also heißt es
für mich zu Fuß nach Hause. So müde wie ich bin, kann es wirklich lange dauern.
Erst wenn ich endlich vor unserem Haus bin, sehe ich
ein junges Mädchen in einem bunten Kostüm. Da muss ich an den großen Umzug
denken und schaue auf die Uhr. Es ist bereits viel zu spät und ich stelle fest, dass die Parade gerade zu Ende
geht. Ich habe es komplett verpasst. Müde, ausgepowert und sauer lege ich mich in
unseren Wohnung sofort ins Bett.
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