Mein Traumtagebuch

Samstag, 4. April 2015

Ich als Nachlassanwältin



27.03.2015

Eine kleine indische Familie, Vater, Mutter und Tochter, zieht in die Stadt. Der Vater ist schwer krank und deshalb soll ein Nachlassanwalt aufgesucht werden. Die Eheleute verstehen sich leider nicht mehr gut und der Mann verdächtigt die Frau sogar der Untreue.

Ich bin Anwältin für solche Fälle und als sie meine Kanzlei betreten, spüre ich regelrecht den Hass des Vaters gegenüber der Familie. Wir setzen uns hin und besprechen die Einzelheiten. Leider ist der Ehemann nicht mit Allem einverstanden und letztendlich sagt er, dass er sich eigenen Anwalt sucht und in ein paar Tagen können wir uns wieder treffen. Da kann ich nichts dagegen sagen, das ist  natürlich sein Recht.

Zwei Tage später kommt er mit einer anderen Anwältin. Wir sprechen über alle Details, bezüglich der Ersparnisse des Mannes und der Investitionen. Es wird, trotz allen Widersprüchen, alles auf die Frau gehen. Sie soll die minderjährige Tochter, zumindest bis sie erwachsen und selbständig ist, versorgen können.  Die Vereinbarungen werden unterschrieben und alle gehen zufrieden nach Hause.

Ich sehe die Familie, zumindest ein Teil, erst wieder nach dem Tod des Familienvaters. Beim Nachlassanwalt soll das Testament und die Vereinbarung vorgelesen werden. Als der versiegelte Umschlag eröffnet wird und ich höre, was vorgelesen wird, traue ich meinen Ohren nicht. Ich, als Anwältin der Frauen, will es sehen, weil es nicht das ist, was unterschrieben wurde.

Als ich das lese, kann ich es einfach nicht glauben. Es ist eine neue Zusatzvereinbarung, wonach die Ebay Aktien nicht an die Frau gehen werden, ausschließlich nur die Ersparnisse. Es ist ihre eigene Erklärung, in der sie auf die Aktien verzichtet und die sie selbst unterschrieben hat. Dann Schaue ich auf das Datum, denn irgendetwas kommt mir sehr verdächtig vor. Erst jetzt erkenne ich, dass dieses Dokument nach unserem Gemeinsamen Treffen mit der Anwältin des Ehemannes aufgesetzt und unterschrieben wurde.

Ich gehe zu der Ehefrau und frage sie, wann sie diese Einverständniserklärung unterschrieben hat. Sie schaut mich an und sagt, die Anwältin hat ihren Mann zu Hause besucht. Beide waren im Zimmer eingeschlossen, um zu sprechen. Sie weiß nicht worum es da ging. Nach ein paar Stunden kamen beide raus und sie sollte auf die Schnelle ein Stück Papier noch unterschreiben, dass letztes Mal vergessen wurde. Sie sagten, es ist nur, um die Unterschrift zu verifizieren, ansonsten wäre die Vereinbarung ungültig.

Jetzt fange ich an zu verstehen. Die arme Frau wurde komplett über den Tisch gezogen. Ich bin auf sie sauer, denn ich habe ihr ausdrücklich gesagt, nichts mehr zu unterschreiben und bestimmt nicht ohne meine Anwesenheit. Obwohl ich weiß, dass die Mutter nicht so gut Deutsch kann und nicht versteht, was in solchen Verträgen, Vereinbarungen oder Erklärungen steht, kann ich mir eine Standpauke nicht verkneifen.

Ich versuche zu verstehen, wieso sie es gemacht hat. Sie hat einfach der Anwältin vertraut und deshalb nichts durchgelesen. Sie hat nur unten gesehen „Unterschrift“ und deshalb unterschrieben. Ich erkläre ihr, das nächste Mal, wenn sie so etwas vorgelegt bekommt, soll sie, egal wie lange es dauert, alles gründlich lesen, bis sie versteht, was sie da unterschreibt. Wenn die andere Seite keine Geduld hat zu warten, dann nur entgegennehmen und sagen, am nächsten Tag wird’s gebracht.

Erst später erfahre ich, dass ihr Ehemann inzwischen alle seine Ersparnisse in die Ebay Aktien angelegt hat, so dass die gute Frau heute von dem Nachlass nichts bekommt. Ich werde versuchen in den nächsten Tagen ihr Recht doch noch durchzuboxen. Sie und ihre Tochter haben sonst nichts, wovon sie leben könnten.

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