Mein Traumtagebuch

Freitag, 2. Januar 2015

Die Unbekannte und die Sekte



26.12.2014

Es ist Samstagmorgen. Ich werde vom Telefon geweckt. Ein Bekannter ist dran und scheint sehr aufgeregt zu sein. Er hat eine ganz große Neuigkeit. Ich soll sofort zu ihm kommen, er hätte mir sehr viel zu erzählen.

Ich mache mich gleich auf den Weg, bin sehr neugierig, was die „große“ Sache ist. Als ich ankomme, geht gleich die Tür auf. Mein Bekannter ist total nervös, er springt hin und her und weiß nicht, was er zuerst tun soll. Ich versuche ihn zu beruhigen. Wenn er endlich ein bisschen runter kommt, setzen wir uns auf die Couch und er fängt an zu erzählen. Er hätte gestern eine sehr hübsche Frau in einer Bar getroffen. Sie ist sehr nobel, intelligent und will ihn heiraten. Er selbst kann es kaum glauben, dass ausgerechnet so eine Frau, die bestimmt jeden anderen haben könnte, sich für ihn interessiert. Heute Nachmittag kommt sie rüber und die Details der Hochzeit sollen besprochen werden. Ich kann es auch nicht glauben und vermute einen Haken dahinter.

Mein Bekannter ist nicht gerade ein Vorzeigemann. Er ist eher klein, etwas pummelig, sehr introvertiert. Er arbeitet in einer großen Firma als einer der vielen Buchhalter. Dort ist er auch nur eine graue Maus. Ich versuche mich für und mit ihm zu freuen, aber irgendwie habe ich ein schlechtes Gefühl dabei.

Pünktlich am Nachmittag kommt die Dame zu ihm nach Hause. Sie ist sehr elegant angezogen, wirklich sehr hübsch, ein Kopf größer als er und sich dessen bewusst, dass sie mit ihm machen kann, was sie will. Sie ist sehr selbstbewusst und wählt ihre Wörter ganz vorsichtig. Irgendwie mag ich sie nicht, höre aber aufmerksam zu, was sie zu sagen hat. Sie erzählt zwar viel, gibt aber nichts von ihrer Vergangenheit oder Privatleben preis. Das macht mich stutzig und misstrauisch. Wie dem auch sei, mein Bekannter ist von ihr so begeistert, dass er sofort einen Termin für die Hochzeit beim Standesamt vereinbart und freut sich sehr drauf. Ich will ja seinem Glück nicht im Wege stehen und sage lieber nichts.

Ein paar Tage später ist es dann soweit. Die Hochzeit findet statt, es sind nur sehr wenige Gäste gekommen. Mein Bekannter hat ja auch nicht viele Freunde. Alles geht auch schnell und die Feier ist auch eher sehr „sparsam“ ausgerichtet. Sie findet bei ihm zu Hause statt, ein kleines Buffet und Musik aus dem Radio.

Erst viel später erfahre ich, was der wahre Grund für die schnelle Hochzeit war. Sie wollte einfach nur ein Kind und mein Bekannter war der ideale Kandidat. Gleich nach der Geburt ist sie verschwunden und das Kind bei ihm gelassen. Sie wusste ganz genau, dass er das Baby verantwortungsvoll und mit viel Liebe großziehen wird.

Jahre danach sehe ich sie ganz zufällig auf der Straße. Sie ist so in Gedanken versunken, dass sie mich nicht bemerkt. Ich folge ihr heimlich, weiß nicht genau wieso, ich glaube, dass meine Neugierde nur zu groß ist. Ich sehe sie in ein niedriges Gebäude am Marktplatz rein zu gehen. Auf der Tür ist ein sehr ungewöhnliches Emblem, den ich noch nie vorher gesehen habe, eingraviert. Ich mache die Tür auf und betrete einen großen Raum mit vielen Sitzbänken und einem Altar oder Schrein ganz vorne. Es sieht wie in einer Kirche aus. Ich setze mich ganz hinten hin. Nach und nach füllen sich die unzähligen Sitzplätze und eine Art Zeremonie fängt an. Ich höre aufmerksam zu, was der Mann in einem schwarzen Umhang an dem Altar  zu sagen hat. Er erzählt über die „Gemeinschaft der Fähigen“ und langsam fange ich an zu verstehen. Es ist so etwas wie eine Sekte, wo jedes Mitglied spezielle Fähigkeiten hat. Deren Aufgabe ist es für noch fähigeren Nachwuchs zu sorgen. Die Partner werden je nachdem, welche Eigenschaften und Fähigkeiten das Kind haben soll, von dem Anführer ausgesucht.

Als ich genug gehört habe, verlasse ich das Gebäude und eile zu meinem Bekannten, um ihm die ganze Geschichte zu erzählen. Ich weiß nicht wie er reagieren wird, auf jeden Fall hat er das Recht die Wahrheit zu erfahren.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen