31.07.2014
Ich und Steve sitzen auf unserer
Terrasse, wenn plötzlich ein großer Sturm und Gewitter kommt. Wir packen
schnell alles von draußen ins Haus und schauen dem Naturschauspiel zu.
Unser Haus befindet sich am Ende
eines der unzähligen Kanäle in Cape Coral. Unser Nachbar von links hat ein
Boot, das an einem Lift über dem Wasser hoch gefahren ist. In dem Sturm können
wir sehen, wie sich das Boot von einer Seite zur anderen bewegt und immer mehr
geschaukelt wird. Bis auf einmal der Lift den Kräften nicht mehr Stand hält und
nachgibt. Das Boot wir fast umgeworfen, die Konsole für die Sonnendachplane
bricht komplett ab und die Hälfte der Inneneinrichtung schwimmt einfach weg.
Die Sitze sind weggebrochen, man erkennt nur die Unterseite, der ehemals so
bequemen gepolsterten Bänke, aus rohem Holz. Gleichzeitig, wie das Boot quasi
zerstört wird und auf dem Wasser landet, schwimmt es den Kanal runter
und entfernt sich immer mehr von uns.
Das Boot können wir bestimmt
nicht mehr retten, wir können es aber
zumindest folgen und schauen, wo es landet, dass wir dem Nachbarn, wenn er
wieder da ist, sagen können, wohin es weggetrieben wurde. Draußen hat sich das
Wetter immer noch nicht ganz beruhigt, wir laufen aber den Ufer entlang dem
Boot hinterher, durch die Büsche und hohes Gras, werden dabei nicht nur ganz
nass, sondern auch komplett dreckig.
Das Boot hält endlich in dem
Nachbars Kanal an und bewegt sich nicht mehr. Es scheint fest zu sitzen. Steve
versucht ein Seil dran zu befestigen, um es am Ufer fest zu binden. Zum Glück
führen zum Wasser ein paar Treppen, so dass er an das Boot gut rankommt. Ich
beobachte ihm von oben, als von hinten eine junge Frau zu mir kommt und fragt,
was los wäre. Ich drehe mich um und erzähle ihr die ganze Geschichte mit dem
Boot. Sie ist sehr nett und scheint deswegen besorgt zu sein. Dann fällt mir
ein, dass sie vielleicht denkt, es wäre jemand umgekommen oder wurde verletzt,
so wie das Boot aussieht. Ich beruhige sie sofort und sage, dass das Boot leer
war, als es von dem Wind zerstört wurde. Man kann das beruhigende Ausatmen bei
ihr sehen und ein kleines Lächeln im Gesicht. Sie ist noch jung, sehr dünn und
im Gesicht ganz blass. Ich frage sie, ob es ihr gut geht und sie antwortet:
„Ja, ich bin nur erschrocken durch das Gewitter“. In dem Moment scheint sie
ganz wackelig an den Beinen zu sein, also nehme ich sie an beiden Armen und
halte sie fest. Nach kurzer Weile geht es ihr wieder besser und sie schiebt
mich regelrecht von sich zurück.
Inzwischen hat Steve das Boot
fest gebunden und kam hoch zu uns. Erst jetzt denke ich dran, mich und Steve
vorzustellen. Sie lächelt uns an und sagt ihren Namen (den ich mir nicht mehr gemerkt habe). Sie erzählt uns, dass sie
auch verheiratet ist, ihr Mann ist noch auf der Arbeit, müsste aber jeden
Moment nach Hause kommen. Wenn wir möchten, können wir kurz bei ihr Kaffee oder
Tee trinken und uns ein wenig ausruhen, bevor wir nach Hause gehen. Ich bedanke
mich bei ihr, muss aber momentan ablehnen. Ich bin so dreckig, dass ich mich
wirklich nicht wohl fühle und muss umgehend eine Dusche nehmen. Ich verspreche
ihr, dass wir nachher aber bestimmt vorbei schauen.
Mit Steve zu Hause angekommen,
steigt er sofort unter die Dusche. Ich kann es nicht mehr aushalten und gehe in
das andere Bad, obwohl ich weiß, dass wir diesen Teil des Hauses untermietet
haben, es müsste jetzt aber leer sein, da der Mieter in der Arbeit ist. Ich schließe
also die Tür auf und laufe schnell durch die kleine schmale Küche in das Bad
und dusche endlich. Als ich rauskomme, erwartet mich eine Überraschung. Unser
Untermieter ist doch da, ich kann sein Gesicht nicht sehen, kann aber den bösen Blick fühlen. Er fragt, was ich da machen
würde. Erst jetzt erkenne ich Steph, ehemaligen Freund von meinem Mann, mit dem wir uns
verstritten haben, weil er uns in einer ganz schweren Zeit im Stich gelassen
hat. Ich weiß nicht sofort, was ich sagen soll und stottere vor mich hin. Er
steht zwischen der Tür und rührt sich nicht. Auf dem Kopf hat er eine riesige
Kapuze überzogen, so dass ich sein Gesicht kaum erkennen kann. Auf einmal
bewegt er sein Kopf nach oben und ich kann an seinem Hals einen riesigen schwarzen Fleck erkennen,
der sich von den Ohren bis zur Brust zieht und mitten drin einen
Loch. Ich erschrecke mich und gehe ein Schritt zurück. Er schaut mich an und
sagt, es wäre nichts schlimmes, das wird schon heilen, braucht aber seine Zeit.
Er sei momentan krankgeschrieben, deshalb ist er auch zu Hause. Irgendwie tut
er mir leid, ich versuche aber dagegen zu kämpfen, er ist es nicht Wert. Ihm
hat es auch bestimmt nicht leid getan, als er uns damals verlassen hat, um
seine persönlichen Interessen zu verfolgen. Das wir am Ende und ruiniert waren,
hat ihm nicht interessiert. Ich drehe mich um und will gerade von dort
verschwinden, als er ganz verärgert zu mir sagt: „… und nächstes Mal vorher
fragen, dies ist eine Privatwohnung!“ In dem Moment war ich so sauer, dass ich
ihm eine auf der Stelle knallen könnte. Ich habe mich auch schon umgedreht,
dann habe ich mich aber doch beherrschen können, habe ihm nur einen bösen Blick
zugeworfen und bin weg. Als die Tür hinter mir zu gegangen ist, musste ich dran
denken, dass er sich gar nicht geändert hat und immer noch so ein Egoist, wie
früher, ist.
Ich habe dieses kleine Erlebnis
dem Steve erzählt, er war auch sauer und wusste gar nicht, dass ausgerechnet er
dort als Untermieter wohnt. Der Name in dem Vertrag ist doch ganz anderer!
Morgen werden wir es noch mal alles prüfen, jetzt haben keine Zeit dafür, wir
wollen zu unserer neuen Bekannten, die wir heute kennen gelernt haben.
Als wir bei denen ankommen, macht
sie uns die Tür auf und scheint sehr traurig zu sein. Ich frage erst mal nicht
nach, wir begrüßen und sie führt uns ins Wohnzimmer. Wir setzen uns hin und ihr
Mann kommt rein. Er ist ein großer, kräftig gebauter Mann mit einer tiefen
Stimme. Seine Begrüßung hält sich sehr in Grenzen, sie ist sehr kurz und knapp.
Ich habe den Eindruck, dass wir nicht ganz willkommen sind, aber wenn wir schon
da sind, versucht er sich zu beherrschen und wechselt ein paar Worte mit uns.
Seine Frau hat inzwischen ein Tee für uns in der Küche vorbereitet und kommt
rein mit einem Tablett, den sie auf den kleinen Tisch vor dem Sofa stellt. Sie
setzt sich aber nicht hin und bleibt neben dran stehen. Es kommt mir alles sehr
komisch vor, es scheint mir aber unpassend nachzufragen.
Da die Atmosphäre nicht ganz
behaglich ist, will ich den Besuch nicht in die Länge ziehen und nach einer
Unterhaltung übers Wetter und ein paar unwichtiger Dinge, stehe ich auf und
sage, dass wir schon gehen müssen. Wir verabschieden uns von ihm, sie begleitet
uns noch zur Tür. Als er aus dem Blick ist, nehme ich sie an die Hand und frage,
ob alles in Ordnung ist. Ihr kommen ungewollt Tränen in die Augen und es bricht
mir fast das Herz sie so zu sehen. Ich nehme sie in den Arm und sie flüstert
mir was ins Ohr. Ganz entsetzt bekam ich die Bestätigung von dem, was ich
geahnt habe. Ihr Mann ist sehr besitzergreifend und gewalttätig. Sie zeigt mir
überall blaue Flecken und ich mit meinem Mann versuchen ihr zu erklären, dass
sie nicht bei ihm bleiben muss. Es gibt Möglichkeiten sich von ihm zu trennen
und neu anzufangen. Sie schüttelt nur den Kopf und ich sage ihr, wenn sie sich
es anders überlegt, bei uns kann sie auf jeden Fall unterkommen und auf unsere
Hilfe und Unterstützung zählen. Plötzlich hören wir aus dem Haus seine Schreie,
sie soll sofort wieder rein kommen, sie zittert am ganzen Körper, dreht sich um
und geht rein. Ich stecke ihr noch schnell unsere Adresse in die Hand, als sie
die Tür hinter sich zu macht. Ich hoffe sie überlegt es sich und nimmt unsere
Hilfe an.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen