30.07.2014
Ich arbeite als Rechtsanwältin im
Gericht. Heute ist ein sehr voller Tag, eine Verhandlung nach der anderen.
Als erstes verteidige ich ein
Mädchen im Teenager Alter. Der Saal ist voll von jungen Leuten. Offensichtlich
ist meine Mandantin eine bekannte Person, weil auch sehr viele Kamerateams vom Fernsehen, aber auch von verschiedenen TV Shows da
sind. Erst einmal kümmere
ich mich nicht um das ganze herum, ich versuche mich an den Fall zu
konzentrieren.
Als die Richterin den Saal
betritt, herrscht plötzlich eine absolute Ruhe und alle stehen auf. Man sieht
es der Richterin an, dass sie von der Menge an Zuschauern auch überrascht ist.
Sie setzt sich hin und die Verhandlung beginnt. Der Staatsanwalt ist ein guter
Kollege von mir, wir kennen uns schon lange und haben sogar früher ein
Praktikum zusammen absolviert. Er
verliest die Anklage und die Richterin eröffnet die Anhörung der Zeugen.
Der Prozess zieht sich über den
ganzen Vormittag, womit ich gar nicht gerechnet habe. In der Mittagspause
versuche ich meine Kollegen aus der Kanzlei zu erreichen, dass sie meine
anderen Termine übernehmen oder die verschieben lassen, da ich hier
wahrscheinlich nicht so schnell fertig werde. Auf dem Flur taumeln sich
Unmengen an Leuten und zufällig kann ich ein Gespräch von zwei jungen Frauen
neben mir hören. Sie unterhalten sich über meine Mandantin, sie soll in einer
Show aufgetreten und so bekannt geworden sein. Es war ein Singkontest und sie
war so schlecht, dass sie wiederrum interessant wurde. Dazu spielte auch die
Tatsache eine Rolle, dass die Jury sie unfair behandelt hat und so hat sie
jedem leid getan. Die Jury musste, aufgrund des öffentlichen Drucks, das
Mädchen noch mal auftreten lassen. Die Zuschauer haben sie so in ihre Herzen
geschlossen, dass sie über Nacht, auch wegen dem Skandal, ein Star wurde.
Ich wusste nichts davon, meine
Mandantin hat mir dies nicht erzählt. Alles, was ich von ihr erfahren habe war
nur ihr Privatleben und die Umstände der Tat, wegen der sie jetzt vor Gericht
steht. Es spielt auch keine große Rolle, nicht für mich und nicht für den Fall. Es ist aber sehr darauf zu achten, was man zu den Medien sagt.
Am anderen Ende des Korridors
sehe ich den Staatsanwalt und entscheide mich mit ihm kurz zu reden. Also gehe
ich zu ihm und spreche ihn an. Ich frage wie es ihm geht und ob er die „Star“
Geschichte wusste. Er schaut mich überrascht an und sagt: „Natürlich, du
nicht?“. Ich fühlte mich „schuldig“ und beschämt. Er übersprang das Thema
geschickt und sprach dann über seine Familie und Kinder.
Plötzlich änderte er das Thema
und fing an über das Gold zu reden, was meine Mandantin angeblich irgendwo
gebunkert haben soll. Der Themawechsel hat mich überrascht. Ich selbst glaubte
nicht, dass das Mädchen das Gold jemals hatte. Es soll aus dem Tresor ihres
Onkels verschwunden sein. Dies war aber auch nicht der Gegenstand der
Verhandlung.
Die Pause war vorbei und die
Anhörung der Zeugen fuhr fort. Irgendwann mal mitten drin, kommt der
Staatsanwalt mit dem Antrag, die Wohnung des Mädchens noch mal durch zu suchen,
wegen dem Gold des Onkels. Ich habe Widerspruch eingelegt, da es nicht hier her
gehört. Ich habe seine Fixierung auf das Gold nicht ganz verstanden. Erst
später habe ich erfahren, dass der Onkel eine hohe Belohnung ausgeschrieben
hat. Mein Widerspruch wurde abgelehnt und die Verhandlung wieder unterbrochen.
Wir alle sind in die Wohnung meiner Mandantin gefahren und die Polizeibeamten
haben alles nochmal durchsucht. Natürlich wurde nichts gefunden. Auf dem Weg
zurück ins Gericht lehnt sich meine Mandantin plötzlich ganz nah an meine
Schulter und flüstert ganz leise in mein Ohr, dass sie doch weiß, wo das Gold
ist, ich soll sie nur rausholen und wir werden es uns teilen. In dem Moment
wusste ich nicht, was ich davon halten soll. Gibt sie es nur vor, damit ich
eine bessere Motivation habe einen Freispruch für sie zu holen oder weiß sie
tatsächlich was drüber? So oder so, mir war es eigentlich egal, was mit dem
Gold ist oder wo es versteckt sein könnte. Meine Verteidigung wird es nicht
beeinflussen.
Dieser Prozess zog sich über ein
paar Wochen und am Ende wurde das Mädchen wirklich frei gesprochen. Ein Tag nach dem Freispruch hat sie mich dann
zur Feier des Tages zu ihr nach Hause eingeladen. Von dort sind wir zu einem
der Studios gefahren, wo dieser Singwettbewerb gedreht wurde. Ich wusste nicht
genau, was wir dort wollen, aber es sollte eine Überraschung für mich sein,
also ging ich mit. In einer der hintersten Ecken zieht sie eine falsche Wand
zur Seite und dahinter verbirgt sich ein kleiner Tresor. Sie holt einen kleinen
Schlüssel aus der Tasche und steckt ihn rein, tippt ein paar Zahlen ein und
dreht den Schlüssel. Die Tür geht auf und sie nimmt ein paar Goldmünzen heraus.
Ich sprang, wortwörtlich, zur Seite. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet.
Sie wollte unbedingt, dass ich ein paar von den Münzen behalte. Das konnte ich
aber nicht machen, ich habe sie angeschaut und ihr gesagt, sie soll so schnell
wie möglich das Gold nehmen und von hier verschwinden. Ich vergesse die
Angelegenheit und werde Niemandem was erzählen.
Sie hat tatsächlich an mich
gehört und ist von einem Tag zu anderem verschwunden. Ich weiß nicht wohin und
wie, aber ich hoffe es geht ihr dort gut.
Nach ein paar Monaten habe ich dann
einen Brief aus Argentinien bekommen. Es war von ihr und in dem Umschlag ein
paar tausend Dollar. Ich musste wirklich nur lachen und dran denken, was für
ein Dickkopf sie ist!
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