Mein Traumtagebuch

Donnerstag, 24. Juli 2014

Kranke Freundin und das Orchester



22.07.2014

Ich sitze in der letzen Vorlesung heute. Danach möchte ich meine Kommilitonin Terezka besuchen, sie ist vor ein paar Wochen schwer erkrankt und seit dem kann sie nicht mehr laufen, sie ist praktisch aufs Bett „gefesselt“. Bis heute konnte ich sie nicht sehen, die Ärzte haben Kontakt zu ihr verboten wegen Infektionsgefahr. Ich weiß sie hat in ein paar Tagen Geburtstag und wollte mir was ausgefallenes, was einzigartiges ausdenken, was ihr Freude bereitet und sie nie vergessen wird. Vielleicht werde ich beim heutigen Besuch etwas entdecken, was mir eine Idee gibt.

Bei Terezka angekommen, spaziere ich in ihr Zimmer mit Lächeln am Gesicht und umarme sie fest. Obwohl ich lächle, in meine Augen drängen sich Tränen und ich versuche sie mit aller Kraft aufzuhalten. Ich setze mich gegenüber dem Bett auf einen Bürostuhl mit Rollen, der an einem riesigen Schreibtisch steht. Das Bett ist quer zum Eingang aufgestellt und nimmt sehr viel Platz mit. Es ist ein Spezialbett mit allem möglichen Schnick-Schnack, mit Monitor, Motor für den Kissenbereich und Füße, mit einem beweglichen Computergestell und allen Anschlüssen, die man heutzutage braucht. 

Terezka liegt jetzt sitzend und vor ihr hat sie ein Laptop, wo sie ganzen Tag was schreibt und im Internet mit dem Rest der Welt kommuniziert. Sie erzählt mir wie alles mit der Krankheit verlaufen ist und dass sie wo möglich nie wieder laufen wird. Dabei kommen ihr Tränen in die Augen, sie überspielt die Situation sehr geschickt und fängt an mich über die Uni und unsere Kommilitonen  auszufragen. Ich habe eigentlich nicht viel zu erzählen, versuche aber alle pikante Details raus zu picken. 

Unser Gespräch wird von dem Betreuer unterbrochen, als er das Zimmer betritt. Er schaut nach den Geräten neben Terezkas Bett und dann geht er in die Ecke, wo sein kleiner Arbeitstisch aufgestellt ist und setzt sich hin mit dem Rücken zu uns. Wir unterhalten uns noch lange, bis es spät wird und ich nach Hause muss. Ich verabschiede mich von Terezka und verspreche am nächsten Tag wieder zu kommen. Der Betreuer begleitet mich bis zur Tür, da halte ich an, drehe mich zu ihm um und frage, was Terezka so den ganzen Tag macht und was bringt sie momentan zum Lachen, wenn überhaupt. Er denkt kurz nach und dann sagt er zu mir, dass sie viel im Internet surft und momentan viel klassische Musik hört. Ich bedankte mich und ging weg.

Am nächsten Tag kam mir dann die Idee für den Geburtstag von Terezka. Mein Bruder spielt doch in der slowakischen Philharmonie, vielleicht könnte er ein kleines Privatkonzert für sie organisieren. Je mehr ich drüber nachgedacht habe, desto besser gefiel mir die Idee. Ich habe mir eine Überraschungsparty ausgedacht, wo mein Bruder mit seinen Kollegen ein Konzert geben und alle Freunde eingeladen werden. Über wen sie sich auch freuen würde, ist ihre ehemalige Lehrerin, von der sie letztens sehr viel gesprochen hat und erwähnt hat, sie würde sie gerne wieder sehen.

Also machte ich mich an die Arbeit, organisierte alle Freunde, fand die Nummer der Lehrerin heraus, rief meinen Bruder an und sprach mit dem Betreuer von Terezka. Die Lehrerin konnte ich zwar nicht erreichen, konnte ihr aber eine Nachricht hinterlassen. Ein paar von unseren Freunden werden nicht kommen können, aber die meisten haben zugesagt. Mein Bruder hat die Idee super gefunden und sprach auch schon mit ein paar von seinen Kollegen. Sie können kleines Kammerorchester zusammen stellen und in den paar übrig gebliebenen Tagen was einstudieren. Mit dem Betreuer haben wir den ganzen Ablauf geplant und uns überlegt wie alle Leute untergebracht werden, vor Allem wo der Orchester spielen soll, da in Terezkas immer kaum Platz ist.

An dem Tag von Terezkas Geburtstag habe ich noch letzte organisatorische Sachen erledigt. Was mich traurig machte, die Ex-Lehrerin hat sich nicht zurück gemeldet und ich weiß nicht wo ich sie noch erreichen könnte. Ich versuche es noch den ganzen Vormittag, bekomme sie aber nicht zu sprechen. Ich hinterlasse die letzte Nachricht, dass wir uns um zwei alle vor Terezkas Haus treffen und sollte sie es doch schaffen, soll sie auf jeden Fall direkt dorthin kommen.

Bei Terezka angekommen, waren bereits alle da und haben auf mich gewartet. Mit dem Betreuer sind wir rein und im Flur, direkt vor der Zimmertür zu Terezkas Raum hat er die Stühle und Notenständer für das Orchester aufgestellt. Ich holte meinen Bruder, der draußen gewartet hat und er bereitet alles so vor, dass wenn die Tür aufgeht, der Orchester gleich anfängt zu spielen. Alle anderen werden dahinter stehen und auf Kommando kommen sie nach einander zu Terezka und gratulieren ihr. 

Kurz nach zwei stehe ich noch vor dem Haus und halte Ausschau nach der Lehrerin. Weit und breit kann ich aber keine Menschenseele sehen, also gebe ich enttäuscht endlich auf und gehe rein. Ich denke, Terezka wird sich auch so über die Überraschung freuen. Alle sind jetzt im Flur versammelt, ich gehe vor und trete in das Zimmer herein. Ich tue so, als ob es ganz normaler Besuch wäre. Dann mitten im Gespräch stehe ich auf und gehe zu Tür. Terezka beobachtet mich und bestimmt versteht nicht, wieso ich plötzlich die Tür aufmachen möchte. In dem Moment als ich die Klinke anfasse hört man von dem Flur leise Musik und als die Tür aufgeht, wird sie immer lauter und deutlicher. Terezka richtet sich in ihrem Bett gerade, um den Flur so weit wie möglich zu überblicken und ihr Mund geht auf, als sie meinen Bruder und den kleinen Kammerorchester sieht. Fast schon zum Schluss des Musikstücks, kommen alle Freunde von hinten einer nach dem anderen in das Zimmer und gratulieren Terezka zum Geburtstag. Sie kann sich jetzt nicht mehr halten und die Tränen brechen förmlich aus den Augen heraus. 

Ich war sehr glücklich, dass alles so gut geklappt hat und dass ich, wenigstens an diesem Tag, meine Freundin aufheitern konnte. Später habe ich dann erfahren, dass auch die ehemalige Lehrerin sich bei Terezka gemeldet hat, sie konnte persönlich nicht erscheinen, hat ihr aber eine sehr lange und herzliche E-Mail geschickt.

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