28.06.2014
Eine große Fähre bringt mich nach
Sizilien. Wir sind schon seit einigen Tagen unterwegs und legen gleich am
sizilianischen Ufer an. Die Sonne geht gerade auf und alle Passagiere bereiten
sich schon vor zum Aussteigen. Ich bleibe noch an Bord, da die
Schiffseigentümer Rosa und Roberto sind und wir mit denen weiter nach Bronte
fahren. Roberto hat vor Jahren sein Lebensmittelgeschäft verkauft und mit
seiner Frau Rosa in dieses Schiff investiert. Nach ein paar Stunden in der
Hafenstadt und Erledigung aller notwendigen Papiere, können wir endlich auf das
Innengewässer fahren und an dem Fluss bis nach Bronte kommen. Das Schiff ist
wirklich riesig und ich stehe auf dem obersten Deck zusammen mit Giulia,
ältesten Tochter der Familie. Sie und ihre Cousins bedienen das Schiff. Roberto
und Rosa erwarten uns in Bronte, sie haben eine große Hochzeit vorzubereiten.
Die jüngste Tochter Jessica soll morgen heiraten.
Endlich angekommen, erfahren wir,
dass alle bereits in der Kirche sind zu einer Probe und Kirchenbesichtigung für
alle die, die die Kirche noch nicht kennen. Es ist eine kleine, aber sehr
berühmte Kirche. In dem Turm haben sie eine besondere Glocke. Keiner weiß woher
sie kommt. Alle sehen sie als Geschenk des Gottes, da sie ein Bauer auf einem
Feld gefunden hat als er eines Morgens Mais ernten wollte. Sie war wie neu,
glänzte gegen die Sonne und soll aus einem Material sein, der auf der Erde kaum
zu finden ist. Es sind auch irgendwelche komischen Gravuren auf der Oberfläche,
die aber kein Mensch entziffern kann und soll auch keiner der unzähligen
vergessenen Sprachen ähnlich sein.
In der Kirche tummeln
sich schon sehr viele Menschen. Es ist nicht nur die Hochzeit, sondern auch
tägliche Touristen aus aller Welt, die die Glocke sehen wollen. In der
hintersten Ecke, beim Altar, sehe ich dann Rosa und Jessica, die Braut. Sie hat
ein wunderschönes weißes Kleid an, oben schulterfrei mit einem breiten Band sehr
schönen Spitze, der kurz unter dem Kinn anfängt und zieht sich parallel an
beiden Seiten rund um die Taille bis zum Boden wie eine Schlange um das ganze
Kleid. Der Rock ist breit, lang und sieht sehr wuschelig aus, unter den Knien
sehr dezent kürzer geschnitten und
hinten mit einer wirklich langen Schleppe. Sie sieht Bild hübsch aus. Ich komme
also die beiden zu begrüßen. Die Freude ist denen im Gesicht geschrieben, da
wir uns schon lange Zeit nicht mehr gesehen haben. Rosa sagt dann zu mir, dass
sie jetzt mit dem Pfarrer die Zeremonie durchgehen müssen, deswegen hat sie
keine Zeit für mich, aber ich soll mir inzwischen die Glocke ansehen und wir
treffen uns dann im hinteren Teil der Kirche beim Ausgang zum Kirchengarten.
Ich schließe mich also den Touristen
an und werde in einen Aufzug geleitet. Die ganze Gruppe steigt ein und ich
fühle mich wie Sardine, so voll ist es. Der Aufzug ist in einem Innenhof der
Kirche aufgebaut und nach ein paar kurzen Sekunden fahren nach oben. Fast dort,
hören wir plötzlich einen riesigen Knall und der Aufzug bleibt stehen. Ich
schaue die anderen an und sie haben auch alle Schrecken in den Augen. Auf
einmal fängt der Aufzug sich nach unten zu bewegen und wird immer schneller.
Ich spüre wie ich den Boden unter den Füssen verliere und fühle mich wie
schwerelos. Wir prallen am Boden auf, die ganze Kabine ist nur noch ein
Trümmerhaufen und erst dann werde ich mir bewusst, dass mir nichts passiert
ist. Alle Menschen liegen um mich herum, schreien und weinen, aber es scheint, als
ob niemanden was passiert wäre.
Am Tag der Hochzeit ist die
Kirche wieder voll, diesmal sind es aber nur die geladenen Gäste und
Schaulustige aus dem ganzen Dorf und Umgebung. Nach und nach begrüße ich alle
aus der Familie, es sind alle Geschwister von Rosa da, mit Jessica’s Cousins
und auch die Familie von Roberto, zumindest ein Teil. Plötzlich herrscht
eine Aufregung unter allen Gästen
und jeder Blick ist zu dem Eingang gerichtet.
Ich muss mich anstrengen über die Menge zu schauen, um heraus zu finden, was da
passiert. Und dann sehe ich auch den Grund. Der Bruder von Roberto, Salvatore
steht da in einem sehr billigen Anzug, der bestimmt gute 20 Jahre alt ist,
unrasiert, aber sehr locker und versucht
auch bei der Hochzeit teilzunehmen. Roberto geht zu ihm, nimmt ihn zur Seite
und spricht mit ihm. Salvatore nickt und offensichtlich darf er bleiben.
Nachhinein habe ich dann erfahren, dass ihm Roberto gesagt hat, er könnte
bleiben, wenn er nichts anstellt und sich gut benimmt.
Die Zeremonie fängt erst in einer
Stunde an, also vertreiben sich die Gäste ihre Zeit mit reden, rumlaufen, den
Kirchengarten bewundern oder bedienen sich schon mal an einem kleinen Buffet in
der Eingangshalle. Ich gehe nach hinten und schaue den Jungs zu, wie sie in dem
Garten rumalbern, als einer von denen zu mir kommt, lächelt mich die ganze Zeit
an und taumelt von einer Seite zu r anderen. Als er versucht über einen kleinen
Busch zu springen, verliert er sein Gleichgewicht und ich fange ihn ab. Ich
weiß sofort was los ist, nehme ihn an der Hand und führe ihn in einen kleinen
Raum neben an. Dort frage ich, was er wohl alles getrunken hat, da schaut er
mich an, lächelt und sagt: „Keine Ahnung, etwas Durchsichtiges…“. Ich gehe zu
dem Buffet und nehme eine Flasche Wasser. Als ich dem Zimmer wieder komme, sehe
ich, dass der Junge eingeschlafen ist. Ich lass ihm dort und will seine Eltern
finden, um denen Bescheid zu sagen. Der Junge ist nur ein Teenager und bestimmt
ist es seine erste Erfahrung mit Alkohol.
Als ich den Gang zum Hauptflügel
der Kirche entlang laufe, höre ich aus dem einen Raum komische Schreie und wenn
ich näher komme, erkenne ich, dass es Hilfeschreie von einem Mädchen sind. Ich
gehe zu dem Raum, stehe noch ganz kurz an der Tür und lausche, um Sicher zu
sein, dass ich mich nicht irre und dann mache ich die Tür auf. Was ich sehe,
kann ich einfach nicht glauben. Der Salvatore hat ein junges Mädchen fest im
Griff, sie kann sich kaum bewegen und er versucht sie zu küssen, sie dreht
ihren Kopf auf die Seite und schreit sehr laut um Hilfe. Ich springe hin und
versuche Salvatore von ihr loszureißen, er ist mir aber zu überlegen. Also
laufe ich schnell raus, um Hilfe zu holen und zum Glück geht mir gerade der
Roberto entgegen. Ich sage ihm, was da passiert und er rennt in das Zimmer rein
und holt seinen Bruder am Kragen da
raus. Inzwischen hat Jemand die Polizei geholt und die führen Salvatore nach
einem kurzen Gespräch mit Roberto ab. Es war ein Schock für alle Anwesenden,
was da vorgefallen ist, aber die Hochzeit kann jetzt in aller Ruhe und ohne
weitere Vorkommnisse stattfinden.
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