20.07.2014
Ich bin in Bratislava, mit meinem Bruder sollen wir zu einem Anwalt
wegen dem Nachlass meines Vaters. Heute habe ich aber noch frei, also gehe ich
in die Stadt ein wenig bummeln. Auf dem Rückweg fahre ich an dem offenen Markt
vorbei, da muss ich an meine ehemalige Firma denken, wo ich zwei Jahre lang
gleich nach meinem Uni Abschluss gearbeitet habe. Es war eine sehr schöne Zeit
damals. Plötzlich sehe ich den Firmennamen auf einem Schild eines Hochgebäudes,
an dem ich gerade vorbeigehe. Es ist ein ganz neues Haus, offensichtlich streng
bewacht, mit einer Tiefgarage. Ich denke mir, ich könnte es versuchen und
schauen, ob noch jemand von den alten Kollegen noch dort arbeitet.
In der Eingangshalle ist es sehr
hell und alles glänzt, sogar die Empfangstheke ist mit einer glänzenden
Hellblau angesprüht. Der Pförtner fragt mich wohin ich möchte. Ich sage: „ Zu
der Firma Strena“. Er schaut in eine unendliche Liste auf seinem Platz und
sagt, dass ich in den zehnten Stock muss, er händigt mir eine Chipkarte aus und
weist mich zu den Aufzügen. In der 10. Etage steige ich aus direkt in ein Großraumbüro.
Die Arbeitstische stehen links und rechts und sind nur mit durchsichtigen Glasplatten
getrennt. Auf der linken Seite sehe ich erst jetzt noch ein Gang, der zu den
abgetrennten Büros führt, offensichtlich der Chefs. Es sind Einzelbüros, die
nur wenig durch eine schmale senkrechte Glasscheibe neben der Tür einsehbar
sind.
Ich gehe zu dem ersten Tisch,
dort sollte eine Empfangsdame sitzen. Momentan ist der Platz leer. Ich will
nicht unnötig warten, also gehe ich den rechten Gang an den Einzelbüros entlang
und schaue durch jede Scheibe hinein. An einem muss ich anhalten, dort kann ich
meine ehemalige Kollegin Jana erkennen. Mit ihr haben wir in der Firma
gleichzeitig angefangen, nur ich dachte, sie ist auch ein paar Jahre nach mir
weg und hätte wo anders angefangen. Jetzt sitzt sie dort in einem gemütlichen
Chefsessel und telefoniert. Ich warte kurz und dann klopfe ich an die Tür. Ich
trete ein und die Überraschung ist wirklich sehr groß. Jana springt sofort aus
dem Sessel und rennt mich fasst um, umarmt mich und zieht mich sofort an der
Hand aus dem Büro. Wir gehen in ein anderes Einzelbüro, wo andere Kollegen
sitzen, die mich kennen. Die freuen sich auch und auf einmal, habe ich den
Eindruck, herrscht dort ein Ausnahmezustand. Sogar der ehemalige Direktor ist
da und macht sofort eine Flasche Sekt auf. Ich verbringe dort den ganzen Nachmittag,
wir erzählen über alte Zeiten und was sich alles in der ganzen Zeit verändert
hatte. Immerhin sind es schon genau 20 Jahre her. Ich erfahre, dass Jana
tatsächlich kurz nach mir bei der Firma gekündigt und ein paar Jahre wo anders
gearbeitet hat. Später hat sie aber ein tolles Angebot gekriegt und ist wieder
zurück gekommen. Heute ist sie die Direktorin und führt den Laden.
Am nächsten Tag soll ich mich mit
meinem Bruder treffen. Wir haben einen Termin bei einer Anwältin in der Stadt.
Als ich ankomme, ist mein Bruder noch nicht da, also warte ich im Wagen auf dem
Parkplatz vor dem Bürogebäude. In dem Moment denke ich an meinen Vater und was
er uns alles beigebracht hat und wie die letzten Jahre schnell vergangen sind.
Dann plötzlich fällt mir ein, dass mein Vater irgendwann mal mir gegenüber
einen Testament erwähnt und mir dann auch gezeigt hat. Ich habe mich erst jetzt
dran erinnert und wusste jetzt auch wo etwa es sein sollte. Ich habe alte
Alben, Bücher, Briefe und Ordner von meinem Vater im Kofferraum, dort muss ich
reinschauen. Als ich dort rumwühle, kommt mein Bruder mit seiner Frau und parkt
sein Auto direkt neben meinem. Sie steigen beide aus und mein Bruder fragt, was
ich da machen würde. Ich drehe kurz den Kopf zu ihm und erzähle ihm, an was ich
mich erinnert habe. Offensichtlich gefällt ihm das nicht, da sein Gesicht auf
einmal blass geworden ist und seine Mundwinkel wortwörtlich nach unten gefallen
sind. Dann sagt er zu mir, dass wir gehen müssen, die Anwältin wartet. Ich
denke mir nichts dabei, mach den Kofferraum zu und wir gehen alle gemeinsam in
das Bürogebäude.
Erst nach dem Termin habe ich
verstanden, worum es geht. Ohne Testament, kriegt mein Bruder die Hälfte und er
hat auch schon das Geld verplant. Er will eine Wohnung auf einer Ranch Farm
kaufen, mit Pferden, Kühen und allem was dazu gehört. Würde ein Testament
existieren, müssten wir beide viel mehr für die Abwicklung zahlen (wegen der
Echtheitsprüfung usw.) und ihm würde das Geld dann nicht reichen. Für mich
macht es kein Unterschied, also lasse ich es so wie es ist. Trotzdem total in
dem Gedanken und wegen der Neugierde, suche ich in meinem Wagen weiter nach den
Dokumenten.
Irgendwann mal war es dann doch
spät geworden und ich kriegte Hunger. Ich entschied mich in den nächsten Lokal
zu gehen, um dort eine Kleinigkeit zu mir zu nehmen. Ich nehme aber die ganzen
Papiere, die ich noch nicht durchgeschaut habe mit. An der Ecke habe ich ein
gemütliches Kaffee, wo man auch essen kann, gefunden. Ich steige die paar
Eingangstreppen runter und dort sehe ich eine Theke in der Mitte des Raumes und
rund um gemütliche runde Sitzboxen. Ich gehe nach hinten, da ich nicht gestört
werden will. Zu meiner großen Überraschung sitz meine ex Kollegin Jana, die ich
an dem Tag vorher gesehen habe, in einer der Sitzecken. Sie bemerkt mich auch
und ruft mich zu sich. Ich setze mich hin und erzähle ihr, was heute mit meinem
Bruder war und ich nach dem Testament suche. Sie bietet sich an mir zu helfen,
also durchwühlen wir die Berge von Dokumenten und Papieren jetzt zu zweit. Nach
einer Weile und nachdem ich bereits was gegessen habe, schreit Jana, sie hätte
es gefunden. Ich setze mich näher zu ihr und starre das Blatt von Papier an.
Jana liest es durch und am Schluss sagt sie, dass mir eigentlich mehr zustehen
würde und mich mein Bruder im Prinzip abgezockt hat. Ich konnte es nicht ganz
glauben, Jana hat mir es aber erklärt, sie hat ja schließlich ein paar Jahre in
einer Anwaltskanzlei gearbeitet und kennt sich da aus.
Am Ende habe ich es trotz allem
dabei belassen, wie es jetzt geregelt wurde. Mein Bruder hat ja drei Kinder,
die viel kosten und hat sich schon immer gewünscht auf dem Lande zu wohnen. Ich
gönne es ihm. Ich könnte mit dem ganzen sowieso nichts anzufangen.
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